Tödliches Bakterium: Tomaten und Gurken gelten weiter als EHEC-Risiko
Der Vizepräsident der Bundesärztekammer, Frank-Ulrich Montgomery, hat angesichts der Ausbreitung des potenziell lebensgefährlichen Darmkeims EHEC vor Panikmache gewarnt. Die Lage lasse sich beherrschen, auch wenn die Fallzahlen stiegen, sagte Montgomery der „Passauer Neuen Presse“. Jeder könne sich schützen, indem er sich streng an die Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts halte, häufig die Hände wasche und vorübergehend auf bestimmtes Gemüse verzichte, sagte er weiter.
Die Zahl der Todesfälle nach einer Infektion mit dem aggressiven EHEC-Bakterium hatte sich am Wochenende auf mindestens zehn erhöht. Das Hamburger Hygiene-Institut fand den Darmkeim auf drei Salatgurken aus Spanien. Experten schlossen weitere Quellen nicht aus. Nach den Worten von Verbraucherministerin Ilse Aigner bleibt deshalb die Warnung vor rohen Gurken, ungekochten Tomaten oder Blattsalaten bestehen. "Wir warnen unverändert davor, in Norddeutschland rohes Gemüse zu verzehren“, sagte der Präsident des Robert-Koch-Instituts (RKI), Reinhard Burger, im Bayerischen Rundfunk.
EHEC-Keime sind eine besonders gefährliche Form des Darmbakteriums Escherichia
coli. Natürliches Reservoir der Bakterien ist der Darm von Wiederkäuern,
speziell von Rindern.
Die Keime können durch rohes Fleisch und rohe Milch, aber auch von Mensch zu
Mensch übertragen werden.
Eine EHEC-Infektion führt zu Durchfällen, die auch blutig sein können. Weitere
Symptome sind Übelkeit, Erbrechen und zunehmende Bauchschmerzen. Als Folge
droht das hämolytisch-urämische Syndrom (HUS), das zu einer schweren
Nierenschädigung und sogar zum Tode führen kann.
Das Robert Koch-Institut hat seit Einführung der Meldepflicht 2001 in
Deutschland jährlich zwischen 800 und 1200 EHEC-Erkrankungen registriert.
Die Experten erwarten, dass noch mehr Menschen an EHEC sterben könnten. Denn viele Patienten liegen in äußerst kritischem Zustand auf den Intensivstationen. 30 am hämolytisch-urämisches Syndrom (HUS) Erkrankte haben keine Nierenfunktion mehr. Wer einen schweren HUS-Verlauf überlebe, müsse auch mit bleibenden neurologischen Störungen und Nierenschäden rechnen.
Die hohe Zahl von EHEC-Neuerkrankungen erklärte Burger, mit der relativ langen Zeit zwischen Infektion und Ausbruch der Symptome. Die Inkubationszeit betrage etwa eine Woche. Die Wirksamkeit der getroffenen Maßnahmen könne daher erst im Laufe dieser Woche beurteilt werden können.
Erde und Wasser werden untersucht
Bei einem Spitzentreffen im RKI wollen sich Bundesregierung, Länder und Behörden bei einem Krisentreffen beraten. Außerdem sollen die getroffenen Maßnahmen im Zusammenhang mit den Erkrankungen an HUS diskutiert werden. Immerhin sind die Gurken mit EHEC-Verdacht inzwischen auch in Tschechien und Österreich aus dem Handel genommen worden. In Spanien wurden zwischenzeitlich Proben bei den zwei Gurkenherstellern genommen. Das Wasser und die Erde werden nun analysiert, um herauszufinden, ob die Kontamination dort oder woanders erfolgte. Bei dem Spitzentreffen wird sicher auch die medizinische Versorgung der Betroffenen thematisiert. Die Ärzte befürchten, dass die Blutreserven des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) knapp werden. Ursache sei die intensive Behandlung mit Blutplasma für Erkrankte mit dem Darmkeim EHEC, sagte zum Beispiel ein DRK-Sprecher in Halle. „Unsere Reserven für solche Extremfälle sind nicht so ausreichend. Wenn das so weiter geht, sind wir in ein bis zwei Wochen trocken.“
Das DRK bat daher eindringlich um Blutspenden. Die nächsten Termine sind im Internet veröffentlicht.
Wofür steht die Abkürzung EHEC? EHEC steht für Enterohämorrhagische Escherichia coli-Bakterien. Das ist eine besondere Form von Escherichia coli-Bakterien, von denen es viele harmlose Vertretet gibt, aber eben auch solche, die Krankheiten verursachen können. EHEC kommen normalerweise im Verdauungstrakt von Wiederkäuern wie Rindern vor. Die Tiere erkranken selbst nicht, scheiden die Bakterien aber mit dem Kot aus. Menschen können sich über direkten Kontakt oder indirekt über verunreinigte Lebensmittel anstecken. Handelt es sich bei dem Verursacher der aktuellen EHEC-Fälle um einen neuen Erreger? Nein. Das Münsteraner Hygiene-Institut hat den inzwischen Erreger identifiziert. Es handelt sich um HUSEC41, einem von 42 bekannten EHEC-Typen, die seit 1996 in Deutschland auftreten. HUSEC41 trat allerdings bislang kaum in Erscheinung. Jedenfalls gibt es bislang keinen dokumentierten Ausbruch dieses EHEC-Typs. Ist der jetzt grassierende Erreger HUSEC41 gefährlicher als andere EHEC-Bakterien? Das scheint so zu sein. Seit der Einführung der Meldepflicht im Jahr 2001 registriert das Berliner Robert-Koch-Institut (RKI) bundesweit jährlich zwischen 800 und 1200 EHEC-Erkrankungen. Doch die aktuellen Krankheitsverläufe sind offenbar aggressiver. Insbesondere ist HUSEC41 gegen die meisten Antibiotika resistent. Ist der Einsatz von Antibiotika gegen EHEC überhaupt sinnvoll? Der Einsatz von Antibiotika bei EHEC-Infektionen ist grundsätzlich problematisch. Es kann nämlich passieren, durch das Abtöten der Erreger verstärkt EHEC-Giftstoffe freigesetzt werden. So kann sich durch die Behandlung die Lage des Patienten sogar verschlimmern. Gibt es einen Zusammenhang zu den sogenannten Krankenhauskeimen, an denen hierzulande jährlich bis zu 30.000 Menschen sterben? Nein. Das sind andere, sehr viel aggressivere Bakterien. Was sie mit den EHEC-Erregern gemein haben ist lediglich ihre große Resistenz gegen Antibiotika. Warum kann eine EHEC-Infektion tödlich verlaufen? Die schwerste Komplikation bei einer EHEC-Infektion ist das hämolytisch-urämische Syndroms (HUS), welches zu akutem Nierenversagen führen kann. Bei dem jüngsten Ausbruch sind bereits mehr als 200 HUS-Fälle aufgetreten – mehr als sonst in einem ganzen Jahr. Woran kann ich erkennen, dass ich an EHEC erkrankt bin? Eine EHEC-Infektion kann sich zeigen als unblutiger, meist wässriger Durchfall. Begleitsymptome sind Übelkeit, Erbrechen und zunehmende Bauchschmerzen, seltener Fieber. Bei 10 bis 20 Prozent der Erkrankten entwickelt sich als schwere Verlaufsform ein Durchfall mit krampfartigen Bauchschmerzen, blutigem Stuhl und teilweise Fieber. Die Infektion kann aber auch ohne Beschwerden verlaufen und somit unerkannt bleiben. Treten auch nur einzelner dieser Symptome auf, ist auf jeden Fall ein Arzt zu konsultieren. Auch alle Apotheken beraten. Warum sind besonders Frauen von EHEC-Infektionen betroffen? Die als Quelle für die EHEC-Infektionen kontaminiertes Gemüse identifiziert wurde, kann man annehmen, dass Frauen deshalb häufiger betroffen sind, weil sie sich bei der Reinigung und Zubereitung des Gemüse infizieren konnten. Und die machen Frauen immer noch häufiger als Männer. Woher stammen die Keime? Das EHEC-Bakterium befindet sich oftmals im Kot von Nutztieren. Die Infektion kann beim direkten Kontakt mit Tieren aber auch beim Verzehr kontaminierter Lebensmittel - zum Beispiel Rindfleisch oder Rohmilch - übertragen werden. Die aktuellen EHEC-Fälle sollen von Gemüse herrühren, das aus Spanien importiert worden ist. Wie kann man sich vor EHEC-Bakterien schützen? Aktuell wird vor dem Verzehr von Blattsalaten, Salatgurken und rohen Tomaten gewarnt. Das Robert-Koch-Institut empfiehlt, bei der Verarbeitung von Gemüse auf die Hygiene zu achten. Bretter, Messer und natürlich auch die eigenen Hände sollten gründlich gereinigt werden. Wer in diesen Tagen auf Nummer Sicher gehen möchte, sollte Gemüse abgekocht essen. EHEC-Bakterien lassen sich durch Erhitzen abtöten. Ist EHEC von Mensch zu Mensch übertragbar? Nicht so leicht, wie etwa Grippeviren, die durch Tröpfcheninfektion übertragen werden können. EHEC-Bakterien werden nur durch sogenannte Schmierinfektion übertragen. Konkret heißt das: Bakterien können beim Toilettenbesuch auf Hände übertragen werden. Werden diese nicht hinreichend gewaschen, können die Bakterien bei Kontakt mit Lebensmitteln schließlich beim Essen von anderen Menschen aufgenommen werden. Was also vor EHEC schützt ist gute Hygiene. In der Berichterstattung ist auch von HUS die Rede. Was ist das? HUS steht für hämolytisch-urämisches Syndrom, einen besonders schweren Verlauf der EHEC-Erkrankungen. Dabei kann es zu Nierenversagen und Blutarmut kommen. Das kann lebensbedrohlich sein. Was muss ich tun, wenn ich betroffen bin? Zunächst sollten Betroffene einen Arzt aufsuchen. Außerdem sollen EHEC-Erkrankte viel trinken, um den Flüssigkeits- und Salzverlust auszugleichen. Hygiene ist ein Muss, um weitere Ansteckungen zu vermeiden. Mit dem Bakterium infizierte Patienten sollten auf keinen Fall Antibiotika nehmen. Diese könnten die Situation noch verschlimmern, erklärte ein Arzt des Berliner Krankenhauses Charité. Wenn die Bakterien durch das Antibiotikum in großem Umfang zerfallen, werden vermehrt Gifte aus den Bakterien freigesetzt. Darf ich im Moment noch tiefgefrorenes Gemüse essen? Ja. Das tiefgefrorene Gemüse, das sich im Tiefkühlfach oder im Supermarkt befindet wurde vor längerer Zeit geerntet und hat mit den aktuellen EHEC-Fällen nichts zu tun. Außerdem gelten bei der Produktion von Tiefkühlprodukten besondere Hygienestandards. Die namhaften Hersteller dieser Produkte können es sich gar nicht leisten, infizierte Lebensmittel in den Handel zu bringen. Kann es sein, dass jemand das Gemüse absichtlich mit den EHEC-Erregern infiziert hat? Im aktuellen Fall ist dies sehr unwahrscheinlich, auch wenn solche Verschwörungstheorien öffentlich geäußert worden sind. Doch theoretisch ist es natürlich denkbar, dass jemand auf diese Weise einen biologischen Anschlag ausübt. Zumindest ein Fall in den USA ist bekannt, wo ein Täter absichtlich ein Salatbuffet in einem Restaurant mit Darmbakterien verunreinigt hat und es deshalb zu entsprechenden Erkrankungen kam. Für einen terroristischen Anschlag eignen sich allerdings EHEC- und andere Darmbakterien kaum, dafür sind die Folgen eines solchen Anschlags doch vergleichsweise überschaubar.
|
Kategorie: Meine Artikel | Hinzugefügt von: semenivanov88 (30.05.2011)
W
|
Aufrufe: 440
| Rating: 0.0/0 |
|
|
Statistik |
Insgesamt online: 1 Gäste: 1 Benutzer: 0 |
|