Ratingagentur: S&P entzieht Frankreich die Top-Bonität
Der französische Finanzminister François Baroin hat Berichte bestätigt, wonach die US-Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) Frankreich die Top-Bonität entziehen wird. Frankreich werde die Bestnote AAA verlieren und bei der langfristigen Kreditwürdigkeit von S&P um einen Punkt niedriger bei AA+ geführt, sagte Baroin im französischen Fernsehen.
Dies sei keine Katastrophe, da AA+ immer noch ein gutes Rating sei, betonte Baroin. Die Herabstufung bedeute aber, dass Frankreich seine Reformen ausweiten müsse. Es werde allerdings keine neues Sparpaket geben. Frankreich lasse sich von den Ratingagenturen aber nicht seine Politik diktieren, fügte der Minister hinzu.
Frankreich ist eine zentrale Figur in den Rettungsbemühungen für die gesamte Eurozone. Auch Italien wurde einem Agenturbericht zufolge auf eine Herabstufung vorbereitet. Euro-Zonen-Vertretern zufolge sollte auch Österreich die Spitzenbewertung seiner Kreditwürdigkeit verlieren. Dagegen dürften Deutschland und die Niederlande ihre Bestnote behalten. Für die betroffenen Länder kann sich die schlechtere Bewertung in höheren Zinsen niederschlagen, wenn auch nicht zwangsläufig.
Aktienmärkte reagierten nervös
Die US-Agentur hatte die Regierungen der Euro-Länder laut EU-Regierungskreisen vorab von ihrer Entscheidung unterrichtet. Schon allein die Spekulationen über die bevorstehende Herabstufung durch S&P ließen die europäischen Aktienmärkte einen Großteil ihrer Gewinne der vergangenen Tage wieder abgeben. Dax und EuroStoxx50 verabschiedeten sich mit einem Kursminus von jeweils 0,6 Prozent bei 6143,08 beziehungsweise 2332,89 Punkten ins Wochenende. An der Wall Street notierte der US-Standardwerteindex Dow Jones bei Xetra-Schluss in Deutschland 0,7 Prozent schwächer.
Laut der französischen Zeitung „Les Echos“ nimmt S&P auch Spanien und Portugal ins Visier. Die Noten von Italien, Spanien und Portugal sollten um je zwei Stufen verringert werden. Neben Deutschland und den Niederlanden kommen dem Blatt zufolge auch Finnland und Luxemburg davon. Kreisen zufolge bleibt auch Irland konstant.
Bewertungen sind umstritten
S&P hatte im Dezember gedroht, allen sechs AAA-Ländern der Euro-Zone, Frankreich, Deutschland, den Niederlanden, Luxemburg, Österreich und Finnland, die Top-Bonität abzusprechen. Für Frankreich war damals sogar eine Herabsetzung um zwei Stufen im Gespräch.
Die Bewertungen der Ratingagenturen sind umstritten. Ihnen wird vorgeworfen, die Finanzkrise 2008 mit verursacht zu haben, weil sie Bestnoten für Wertpapiere vergaben, in denen faule US-Immobilienkredite gebündelt waren. Damit führten sie Anleger, darunter gerade auch deutsche Banken, in die Irre.
Die guten Stufen: Aaa bis A3 (sieben Stufen)
Die mittleren Stufen: Baa1 bis B3 (neun Stufen)
Die schlechten Stufen: Caa1 bis C (fünf Stufen)
Die guten Stufen: AAA bis A- (sieben Stufen)
Die mittleren Stufen: BBB+ bis B- (neun Stufen)
Die schlechten Stufen: CCC+ bis C (fünf Stufen)
Zahlungsausfall: Stufe D
Die guten Stufen: AAA bis A- (sieben Stufen)
Die mittleren Stufen: BBB+ bis B- (neun Stufen)
Die schlechten Stufe: CCC
Zahlungsausfall: Stufe D
In Europa wird zudem kritisiert, dass die drei profitorientierten US-Unternehmen S&P, Moody's und Fitch den Markt dominieren und in der Regel ausgerechnet von denen, die sie bewerten, auch bezahlt werden. Die Wissenschaftler Hanno Beck und Helmut Wienert von der Hochschule Pforzheim sprechen von einem „engen Oligopol mit hohen Gewinnspannen und schlechter Bewertungsleistung“.
In der Schuldenkrise basieren die Benotungen einzelner Länder oder Banken häufig auf schon bekannten Daten, sorgen aber zum Veröffentlichungszeitpunkt an den Märkten für erneute Verunsicherung. EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier wollte daher die Bewertungen von Euro-Krisenländern unter bestimmten Umständen vorübergehend verbieten, konnte sich aber in diesem Punkt nicht durchsetzen. Immer wieder gibt es Forderungen nach einer unabhängigen europäischen Ratingagentur. Wer sind Ratingagenturen?
Ratingagenturen sind nach Gewinn strebende Privatunternehmen. Sie verdienen ihr Geld damit, dass sie die Sicherheit von Wertpapieren sowie die Kreditwürdigkeit von Unternehmen und Staaten analysieren und benoten. Wie funktioniert die Bewertung?
Verteilt werden Noten (Ratings), die von AAA oder Aaa (sichere Anlage) bis D (zahlungsunfähig) reichen. Privatanleger, Kreditinstitute und Versicherungen entscheiden anhand dieser Noten, ob sie den Ländern oder Firmen Geld leihen oder ihre Anleihen abstoßen. Wer bezahlt für die Noten?
Geld bekommen die Bonitätsprüfer nicht etwa von einem Anleger, der sich für die Aussichten eines Wertpapiers interessiert, sondern von dem Emittent neuer Wertpapiere. Woher rührt die Macht der Ratingagenturen?
Weltweit gibt es rund 150 Ratingagenturen. Aber viele von ihnen sind nur regional oder für bestimmte Branchen von Bedeutung. Rund 90 Prozent des Marktes teilen die drei US-Firmen Standard & Poor’s, Moody’s und Fitch unter sich auf. Warum sind die Benotungen nicht nur für private Anleger von Bedeutung?
Ratingagenturen sind zwar keine offiziellen Aufsichtsbehörden, sie erfüllen aber inzwischen im Prinzip diese Rolle. Seit etwa den 30er Jahren wurden in den USA ihre Noten immer verbindlicher für Geschäfte am Finanzmarkt. Warum stehen Ratingagenturen so in der Kritik?
Kritiker werfen den Ratingagenturen vor, dass die Kriterien für ihre Bewertungen nicht transparent sind und sie allen Hilfsbemühungen der Eurozone zum Trotz die Aussichten für Schuldenländer zu düster zeichnen. Welche Schritte wurden unternommen, um die Macht der Ratingagenturen zu beschneiden?
Die EU hat eine neue Marktaufsichtsbehörde geschaffen, die Ratingagenturen überwachen soll. Die ESMA (European Securities and Markets Authority) ist in Paris angesiedelt und nahm ihre Arbeit zu Jahresbeginn auf. Quelle: AFP
|
Kategorie: Meine Artikel | Hinzugefügt von: semenivanov88 (14.01.2012)
W
|
Aufrufe: 172
| Rating: 0.0/0 |
|
|
Statistik |
Insgesamt online: 1 Gäste: 1 Benutzer: 0 |
|