Baden-Württemberg: Mappus hat der CDU ein vergiftetes Erbe hinterlassen
Zum Abschied nach der Niederlage hatte Stefan Mappus, der legendär gescheiterte und vorerst letzte CDU-Premier von Baden-Württemberg, noch einmal ausführlich über Schuld sinniert – die Schuld der Anderen selbstredend.
Der Grünen, die einen schmutzig-derben Wahlkampf geführt hätten. Der Liberalen, die sich beim Regieren in Berlin so blöd angestellt hätten. Und die Schuld der vielen parteiischen Journalisten im Ländle, die in ihren Blättern und Sendern gegen die Union gehetzt hätten, um sich hinterher mit lukrativen Pressesprecherposten von Grün-Rot belohnen zu lassen.
Weder er selbst noch seine Partei, so intonierte der CDU-Landeschef Ende Juli seine trotzige Rücktrittsrede, hätten sich etwas Gravierendes zuschulden kommen lassen, das eine solch derbe Ohrfeige verdient hätte. An dieser Auslegung hält die Spitze der Südwest-CDU bis heute krampfhaft fest.
Dabei wurde der Partei mittlerweile höchstrichterlich bescheinigt, wie falsch sie liegt. Mappus, der sich mit vermutlich üppigem Gehalt als Pharmamanager Richtung Brasilien verabschiedet hat, hat seiner Partei und dem gesamten Land sogar ein äußerst unangenehmes Vermächtnis hinterlassen.
Die Bombe mit Zeitzünder ging jetzt, sechs Monate nach der verlorenen Wahl, hoch. Doch schon zur Abwahl der CDU im März dürfte die milliardenschwere Übernahme der EnBW-Anteile ohne Rücksprache mit dem Parlament ihren Anteil gehabt haben. Und wie schwer die Folgeschäden sein werden, ist noch nicht abzusehen.
Überraschend eindeutig hat der baden-württembergische Staatsgerichtshof auf jeden Fall geurteilt, dass der Pforzheimer Christdemokrat Verfassungsbruch beging, als er im Alleingang fast sechs Milliarden Euro für den Energiekonzern ausgab.
Und wenn eine Rechtsexpertin aus Speyer richtig liegt, war das ganze Geschäft wegen des Verfassungsbruchs womöglich sogar sittenwidrig und könnte angefochten werden. Die Landesregierung lässt Schadenersatzansprüche prüfen und will einen Bericht über den Kauf der Aktien, die binnen zehn Monaten schon eine Milliarde Euro an Wert verloren haben, vorlegen.
Mappus hatte den Deal einem Freund zugeschoben
Spätestens mit dem Richterspruch, so sehen es selbst CDU-Mitglieder an der Basis, wäre es für die aktuelle Partei- und Fraktionsspitze höchste Zeit zum Kotau. Immerhin wurden grundlegende demokratische Rechte missachtet.
Außerdem hatte Mappus den Deal einem Freund zugeschoben, dem Investmentbanker Dirk Notheis, der selbst Mitglied in der Südwest-CDU war. Notheis habe sich als der einzige wirkliche Profiteur des Geschäfts erwiesen, spottete Nils Schmid (SPD), Finanzminister und Vize-Ministerpräsident, beim Landesparteitag der Sozialdemokraten. „Dirk, I want my money back“, rief er aus.
Wie es scheint, gibt es für den EnBW-Kauf, den Experten als eine der größten bundesdeutschen Verstaatlichungsaktionen aller Zeiten bezeichnen, noch nicht einmal ausführliche Akten. Und offenbar hat weder die übliche Prüfung der Bücher noch eine Ausschreibung für die beteiligten Investmentbanken stattgefunden. „Bei dem Verkauf einer Gewerbeimmobilie in Gammertingen gibt es mehr Unterlagen als bei der Milliardenübernahme der EnBW-Anteile“, klagte Schmid im „Handelsblatt“.
Dennoch stemmte sich erst Landtagspräsident Willi Stächele fast eine Woche lang gegen den unausweichlichen Rücktritt. Dabei hatte ausgerechnet er als Mappus' Finanzminister das skandalöse Geschäft per Notbewilligung überhaupt erst möglich gemacht, am Parlament vorbei, dessen Rechte er jetzt zu überwachen hatte.
Dann brachte der neue Fraktionschef Peter Hauk das Eingeständnis nicht über die Lippen, dass jemand aus seiner Partei da gravierende Fehler begangen habe; stattdessen blamierte er sich mit krampfhaften Oppositionsattacken.
Und beim Sonderparteitag der Südwest-CDU am Wochenende wurde der EnBW-Kauf auch nicht angesprochen. Und das, obwohl Stächele kurz zuvor doch noch den Hut genommen hatte, bevor ihn ein Misstrauensvotum der Regierung aus dem Amt trieb.
Klägliche Vergangenheitsbewältigung
Mit Blick auf diese Art der kläglichen Vergangenheitsbewältigung treibt so manches Parteimitglied zunehmend die Angst um, dass die Oppositionszeit womöglich noch länger andauern könnte als zunächst befürchtet. „Hoffentlich enden wir nicht wie die Kollegen in Rheinland-Pfalz“, sorgte sich ein altgedienter Christdemokrat. Die CDU hatte das Nachbarland von Baden-Württemberg 44 Jahre regiert.
Doch innerparteiliche Querelen und eine unzufriedene Bevölkerung läuteten das Ende der CDU im Weinland ein; seit 1991 stellt dort die SPD den Landesvater. Wie in Rheinland-Pfalz einst Helmut Kohl hat auch Mappus einen Führungsstil gepflegt, der der Partei jetzt schwer im Magen liegt. Nur wenige Vertraute waren in seine Entscheidungen eingebunden.
Dass viele Parteimitglieder davon nun endgültig die Nase voll haben und mehr Mitsprache wünschen, zeigte die Nachfolge des zurückgetretenen Landtagspräsidenten: Der von der Fraktionsspitze im Alleingang ausgewählte Kandidat Guido Wolf scheiterte fast, weil zwei Gegenkandidaten ins Rennen gingen. Auch bei anderen Wahlen, im Bezirk oder um Bürgermeisterämter, tun sich Mappus-Gefolgsleute mittlerweile schwer.
Je größer die Nähe zum Ex-Ministerpräsidenten, desto schlechter scheint der Stand in der eigenen Partei zu sein: In den CDU-Bezirken Nordwürttemberg und Südbaden gaben die Delegierten unbelasteten jungen Bundestagsabgeordneten den Vorrang vor Landespolitikern.
Die „Stuttgarter Zeitung“ berichtete zudem, ein Mitarbeiter aus dem persönlichen Umfeld von Mappus habe weit weg von Stuttgart seine Chancen als Bürgermeisterkandidat sondiert: Mappus-Leute, wurde ihm bedeutet, wolle man nicht.
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Kategorie: Meine Artikel | Hinzugefügt von: semenivanov88 (18.10.2011)
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