Anerkennungsgesetz: Schavan warnt vor Diskriminierung von Inländern
Für Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) steht diesen Freitag im Bundesrat ein Prestigeobjekt zur Abstimmung. Seit mehr als zwei Jahren wird über das „Gesetz zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen“ gestritten.
Schavan, die lange kein wirkmächtiges Vorhaben mehr umsetzen konnte, braucht den Erfolg. Zuletzt war sie damit beschäftigt, ihre politische Position zu sichern, die durch die Diskussion in der CDU über die Zukunft der Hauptschule gefährdet war. Das „Anerkennungsgesetz“ nun will sie als „Meilenstein“ verstehen – für die betroffenen Menschen und für sich selbst.
Das Gesetz sichert Antragstellern zu, dass ihre außerhalb Deutschlands erworbenen Berufsabschlüsse einem auf drei Monate begrenzten Verfahren unterworfen werden, in dem geprüft wird, ob und inwieweit sie deutschen Qualifikationen entsprechen. Von bis zu 300.000 Betroffenen ist die Rede, Menschen, die derzeit unter ihrer Qualifikation beschäftigt sind und sich Hoffnung auf eine bessere Arbeit machen.
An Inkrafttreten des Gesetzes zum 1. Januar glaubt niemand mehr
„Sobald das Gesetz in Kraft tritt, wird eine Hotline freigeschaltet, bei der man sich erkundigen kann, wer für die Anerkennung zuständig ist“, sagte Schavan "Welt Online“. Bis dahin kann allerdings noch einige Zeit vergehen. Denn das Anerkennungsgesetz ist der bemerkenswerte Fall eines Gesetzes, das jeder für überfällig erachtet, dessen Umsetzung aber trotzdem viele nur zu gern verzögern. An ein Inkrafttreten zum 1. Januar glaubt niemand mehr, der 1. März wird als neuer Termin angepeilt.
Ende September hat der Bundestag das Gesetz verabschiedet. Acht Ministerien waren unter Führung des Bildungsministeriums beteiligt, über 60 Folgegesetze und Verordnungen mussten geändert werden. Involviert waren ebenso Handwerkskammern, Innungen, Gewerkschaften, Verbände. Ein gewaltiger Aufwand, der die groteske Zersplitterung der Zuständigkeiten in Deutschland offenlegte.
Als Bremser erwiesen sich das Gesundheits- wie das Agrarministerium. Ersteres ist für die Humanmediziner zuständig und hat die starke Lobby der Ärzteverbände im Rücken, letzteres verteidigt die deutschen Tiermediziner. Hinter dem Verweis auf hohe deutsche Standards versteckte sich nicht selten die Angst vor neuer Konkurrenz.
SPD-Länder wollen Vermittlungsausschuss aufrufen
Diesen Freitag entscheidet also der Bundesrat, doch bis zuletzt war unklar, wie. Die SPD-geführten Länder plädierten am Donnerstag für die Anrufung des Vermittlungsausschusses. Die Länder unter CDU-Führung umwarben vor allem das grüne Baden-Württemberg. Die SPD-Länder wollen einen Rechtsanspruch auf Nachqualifizierung im Gesetz verankern. Der hätte weitreichende Folgen.
„Ein Rechtsanspruch hieße, dass der Staat für die Qualifizierung aufkommen muss, Inländer würden sich zu Recht diskriminiert fühlen“, sagte Annette Schavan. Das Gesetz sieht zwar vor, dass den Antragstellern aufgezeigt wird, was sie tun müssen, um fehlende Qualifikationen auszugleichen. Die Maßnahmen müssten sie aber selbst bezahlen.
Gesetz sieht keine Anlaufstelle für Betroffene vor
Auch wünscht sich die SPD, dass eine Stelle geschaffen wird, an die sich die Betroffenen wenden können. Bis auf die Hotline sieht das Gesetz aber keine Anlaufstelle vor. Schavan fürchtet neue Bürokratie. Sie setzt auf den verstärkten Einsatz von Kammern und Innungen, die auch bisher für die Anerkennung zuständig sind.
Manche Bundesländer sind noch nicht so weit, das Gesetz umzusetzen. Wie Nachfragen von „Welt Online“ ergaben, sind oft nicht einmal die ministeriellen Zuständigkeiten geklärt. Häufig heißt es, man warte, bis das Gesetz verabschiedet sei. In den Ländern müssen außerdem wieder viele Gesetze geändert werden. Taxifahrer mit Diplom und Putzfrauen mit Doktortitel müssen sich wohl weiter gedulden.
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Kategorie: Meine Artikel | Hinzugefügt von: semenivanov88 (04.11.2011)
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